Unser Programm zur Senats- und Student*innenparlamentswahl 2019.

Zivilgesellschaftliche Initiativen von Studierenden an einer demokratischen Universität

Student*innen engagieren sich in vielen verschiedenen Projekten. Die Themen von Nachhaltigkeit, Unterstützung für Geflüchtete, Förderung von sogenannten Arbeiter*innenkindern bis zu der Publizierung von feministischer Arbeit sind dabei mannigfaltig. Diese Initiativen sind ein Gewinn für die Universität und unsere Zivilgesellschaft. Sie setzen sich für demokratische und soziale Werte ein. Deshalb unterstützen wir diese Initiativen und wollen darüber hinaus die Unterstützung seitens der Universität ausweiten.
Ein weiterer, wichtiger Schritt ist hierbei die Ausweitung der Mitsprachemöglichkeiten von Studierenden. Wir brauchen neue Modelle der Organisation, die garantieren, dass alle Beiteiligten die gleiche Mitsprache haben und sich in universitäre Belange einbringen können. Die Qualität der Lehre ist ein Beispiel bei dem Student*innen noch zu wenig zu sagen haben. Dabei sind sie es doch, die am stärksten von der Qualität betroffen sind. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Universität ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht wird und über ihre innere Verfasstheit unter dem Aspekten Demokratie und Partizipation nachdenkt.

Internationale Studierende einbinden: Sprachbarrieren abbauen

Die ausländischen Studierenden leiden in ganz Marburg unter sprachlichen Orientierungsschwierigkeiten. In den Sprachkursen und in den ersten Wochen werden sie in den Marburger Alltag eingeführt. Danach müssen sie sich selbst zurecht finden. 
Was passiert danach: Ausländische Studierende sind meist Stipendiat*innen aus ärmeren Familien, Migrierte mit Studierendenvisum oder Geflüchtete. Nur wenige von ihnen haben Unterstützung vor Ort, sei es finanziell, sprachlich oder psychisch.
Wo beginnt das Problem: Das Studierendenwerk setzt auf Selbstverwaltung der Wohnheime. Die Hauswirtschafter*innen und Hausmeister*innen sprechen kaum Englisch. Durch diese sprachlichen Barrieren entsteht eine hohe Arbeitsbelastung für deutsch-sprechenden Wohnheimbewohner*innen mit Englisch- und anderen Fremdsprach-Kenntnissen. Die meisten Ausschilderungen sind nur auf Deutsch (bis auf das Studentendorf).
Die Stadt Marburg gibt sich als offen und international aus. Allerdings sehen wir keine mehrsprachigen Fahrpläne an den Haltestellen, englische Ausschilderungen in den Ämtern oder gar amtliche Ankündigungen auf Englisch.
Was bedeutet das für die Betroffenen? Viele Angebote können nicht wahrgenommen werden, weil sie die deutsche Sprache nicht verstehen. Sie können nicht unabhängig agieren oder sich irgendwie informieren. Anspruch auf Wohngeld oder Unterstützung bei Rechtsfragen in Studierendenwohnheimen entfallen auf diese Weise.
Multilingualität sollte und muss in einem universitären Ort selbstverständlich sein! Für eine bilinguale Ausrichtung der Uni!

Umbenennung in Studierendenwerk oder Student*innenwerk

An vielen universitären Orten wurden diverse Institutionen wie das "Studentenwerk" gendergerecht umbenannt. Seit der 68er-Bewegung wird in Marburg viel von Gleichstellung der Geschlechter gesprochen. Diese Diskurse wurden maßgeblich von der Universität geprägt. Das Gendern (gendergerechte Sprache; Gleichbehandlung von allen Geschlechtern und Geschlechteridentitäten in Wort und Schrift) sollte allgemein gültig werden. Dennoch sehen wir bisher keine Veränderung an offen zugänglichen Bereichen wie z.B. der Bibliothek, den Mensen und Wohnheimen. Die Diskriminierung der Geschlechter darf weder im Alltag noch in der Schriftsprache vorhanden sein! Wir fordern eine sofortige Umbenennung des "Studentenwerkes" zu Studierendenwerk oder zum transgender-gerechten "Student*innenwerk"!

Urban Gardening auf dem Unigelände

Wir wollen versiegelte und/oder brach liegende Universitätsflächen für die Bepflanzung zugänglich machen. Grüne Fassaden, die die städtische Luftqualität aufwerten, grüne Oasen für die Erholung vom (universitären) Alltag, eine Ausweitung des "Probier mal Marburg"-Projektes oder Wildblumenwiesen für die bedrohlich stark zurückgegangene Insektenpopulation anstelle kurzgehaltener Wiesen, die niemand benutzt, sind nur einige Beispiele wie mit wenig Aufwand und finanziellen Mitteln, eine sozialere und ökologischere Umgebung geschaffen werden kann. Eine Umgebung, die dazu beiträgt, dass es Erholungs-Räume gibt abseits von Hörsälen und Laboren. Diese Räume helfen dabei das Gelernte zu verarbeiten, sich auszutauschen oder einfach mal Abstand zu gewinnen und die Mittagssonne zu genießen. Des Weiteren ist es wichtig, dass die Universität, die ebenfalls jedes Jahr tonnenweise Müll und Schadstoffe  produziert ihren Teil dazu beiträgt, dass auch kommenden Generationen möglich ist in einer lebenswerten Umgebung zu leben und zu studieren.

Ein selbstbestimmtes Studium ohne Creditjagd und Anwesenheitspflicht

Die Zeit des Studierens bedeutet für viele das erste mal unabhängig zu sein und eigene Entscheidungen zu treffen. Diese Lebensphase ist von Fehlern, Erfolgen und Selbstfindung geprägt. Solche Entwicklungen sind nur möglich, wenn ein freies Studium ohne Geldsorgen und Anwesenheitspflicht erlebt werden kann. Im Besonderen Studierende mit Kindern oder Familienmitgliedern, die Pflege benötigen, brauchen hier unsere Unterstützung. Studierende Eltern brauchen ein erweitertes Kinderbetreuungsangebot. Zur Entlastung fordern wir die Schaffung neuer Kitaplätze sowie weitere Betreuungsmöglichkeiten. Solche Unterstützung leistet eine "Unternehmerische Universität" nicht, auch wenn sie sich auf die Fahne schreibt "familiengerecht" zu sein. Des Weiteren muss in diesem Zuge der Zugang zu BAföG erleichtert werden. BAföG soll dazu dienen, dass alle unabhängig vom familiären und finanziellen Hintergrund studieren können. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass dieses Versprechen nicht eingehalten wird. Die Zahl der BAföG-Empfänger*innen nimmt stetig ab. Steigende Mieten erlauben es den Studierenden nicht selbstständig zu entscheiden, an welchem Universitäts-Standort sie studieren können. Wir brauchen ein existenzsicherndes, elternunabhängiges und rückzahlungsfreies BAföG.
Daher fordern wir die Möglichkeit ohne Existenzängste das eigene Studium selber zu gestalten.

Für Kulturangebote im Semesterticket

Das Semesterticket bringt Dich zwar leicht aus Marburg heraus, aber nicht wirklich ins Stadtgeschehen rein. Kulturelle Angebote werden für Studierende bei stets wachsenden Lebenshaltungskosten immer unerschwinglicher und die städtische Kulturlandschaft leidet ebenfalls darunter. Netflix, Amazon, Spotify & Co. haben durch ihre Monopolstellung Kultur lediglich zu einem lukrativen Absatzmarkt degradiert. Kritische Kunst wird zunehmend vernachlässigt, vor allem wenn sich scheinbar kein finanzieller Profit damit machen lässt. Dabei sind alternative Kunst- und Kulturformen wichtig für den Fortbestand und Wachstum einer kritischen Zivilgesellschaft, die politische Missstände erkennt, anprangert und sich gegen diese wehrt. Deshalb setzen wir uns dafür ein, lokale Kulturangebote, egal ob Theater oder Musik, in das Semesterticket zu integrieren. Mithilfe einer solidarischen Ausfinanzierung können nicht nur finanziell schwache Studierende teilhaben, sondern auch umfangreichere wissenschaftliche Exkursionen (Literaturwissenschaften, Kunst/Musik/Medien, Germanistik uvm.) stattfinden. Kunst und Kultur sind wesentliche Bestandteile unserer Gesellschaft und dürfen nicht kommerziellen Zwängen unterworfen sein!

Bessere Verbindungen auf die Lahnberge, nach Cappel, Wehrda und Umgebung

Der Wohnraum in Marburg ist beschränkt und das ist mittlerweile auch kein Geheimnis. Daher müssen viele Studierende und andere benachteiligte Gruppen in abgelegeneren Ortsteilen und Dörfern wohnen. Der Anschluss an den öffentlichen Nah- und Fernverkehr außerhalb der Stadtmitte ist sehr schlecht. Dies betrifft einerseits den Bustakt, der vielerorts nur einstündig ist, wie auch die Tatsache, dass die Anfahrt in die Innenstadt aus manchen Ecken Fahrzeiten von mehr als 30 Minuten umfasst. Außerdem, fahren die meisten Busse spätestens ab Mitternacht nicht mehr. Studierende sind häufig auf Taxis, Mitfahrgelegenheiten oder eigene Autos angewiesen. Der AStA hat sich letztes Jahr dafür eingesetzt, dass zumindest bis zum Richtsberger Studierendenwohnheim stündlich ein Bus ab Mitternacht fährt. Dies muss auch in den anderen Stadtteilen, die ebenso schwer zugänglich sind, geschehen. Alle Menschen haben das Recht in Ruhe in der Bibliothek zu lernen und am kulturellen Angebot Marburgs teilzunehmen. Für mehr und vor allem späte Busverbindungen in den abgelegeneren Ortsteilen!

Nachhaltige Mobilität durch Förderung von ÖPNV, Fahrrad und Fußgänger*innen

Verstopfte Innenstädte, Abgasskandale und der sich verstärkende Klimawandel sind nur einige Gründe, um Mobilität heute neu zu denken. Es ist seit langem bekannt, dass die Auswirkungen dieser Politik Menschen, Gesellschaft und den Planeten enorm belasten. Bei nachhaltiger Mobilität geht es darum, dass die Lebensqualität verbessert und die Umweltbelastung gleichzeitig verringert wird.  Das Auto, dass die meisten Personen ihr eigen nennen, ist hierbei der Kern des Problems. Kommunen haben vielerlei Möglichkeiten eine nachhaltige Mobilität zu fördern. Die Förderung der Fahrradinfrastruktur, Carsharing Konzepte, kostenloser, gut ausgebauter Nahverkehr und viele weitere Ideen sind schon lange keine Utopie mehr, sondern realisierbare Maßnahmen hin zu einer sozial-ökologischen Stadt. Auch Marburg hat hier noch Potenzial auszuschöpfen. Da die Universtität Marburg unglaublich viel Gewicht hat in der Marburger Lokalpolitik, wollen wir unser Mandat nutzen, um die Universität zu drängen ihre Verhandlungmacht zu nutzen und sich für eine nachhaltige Mobilität einzusetzen. So hat Marburg aktuell den "am besten ausgelasteten", d.h. überfülltesten ÖPNV in ganz Hessen. Es kann nicht sein, dass die städtische Politik, dies als besonders kosteneffizent darstellt und nicht das Bedürfnis verspürt Grundlegendes zu ändern. Gerade angesichts der massiv mit Staus überlasteten Nordstadt muss der öffentliche Verkehr dringend ausgeweitet werden und mehr Menschen davon überzeugt werden das Auto stehen zu lassen, auch um unser aller Gesundheit zu schützen.